Die Anhebung der Nivellierungssätze bei der Grund- und der Gewerbesteuer in Rheinland-Pfalz

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof Rhein­land-Pfalz (VGH) hat mit Urteil vom 16.12.2020 das Lan­des­fi­nanz­aus­gleichs­ge­setz (LFAG) für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt und eine Neu­fas­sung vom Gesetz­ge­ber bis zum 01.01.2023 gefor­dert. Der Land­tag hat am 24.11.2022 das „Lan­des­ge­setz zur Neu­re­ge­lung der Finanz­be­zie­hun­gen zwi­schen dem Land und den kom­mu­na­len Gebiets­kör­per­schaf­ten“ (LFAG) beschlossen.

Mit der Ände­rung des Lan­des­fi­nanz­aus­gleichs­ge­set­zes (LFAG) folgt die Lan­des­re­gie­rung der Auf­for­de­rung des Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes Rhein­land-Pfalz, die Finanz­aus­stat­tung sei­ner Kom­mu­nen neu zu regeln, da die bis­her gel­ten­den Rechts­grund­la­gen unver­ein­bar mit der Lan­des­ver­fas­sung seien.

Einer die­ser jetzt umge­setz­ten Maß­nah­men bedeu­tet, dass die Nivel­lie­rungs­sät­ze der Grund- und Gewer­be­steu­er sich zukünf­tig am jewei­li­gen Bun­des­durch­schnitt zu ori­en­tie­ren habe. Der VGH stellt damit auch unmiss­ver­ständ­lich klar, dass Rhein­land-Pfalz durch ein nied­ri­ge­res Steu­er­auf­kom­men im Rah­men des Län­der­fi­nanz­aus­gleichs bis­her „auf Kos­ten“ der übri­gen Bun­des­län­der gelebt hat. Die jetzt von den Gemein­den gefor­der­te Anhe­bung der Nivel­lie­rungs­sät­ze wäre dem Grun­de nicht erfor­der­lich, hät­te man sich bereits frü­her am gel­ten­den Bun­des­durch­schnitt orientiert.

Gleich­zei­tig macht man den Gemein­den, denen allein die Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz für die Real­steu­er­he­be­sät­ze zusteht, unmiss­ver­ständ­lich deut­lich, dass sie mit finan­zi­el­len Nach­tei­len zu rech­nen haben, wenn sie der For­de­rung auf Anhe­bung der Sät­ze nicht nach­kom­men, obwohl das Land die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen hier­für bis­her nicht geschaf­fen hat. Gleich­zei­tig pocht man dar­auf, dass die Gemein­de alle Mög­lich­kei­ten der Ein­nah­me­be­schaf­fung aus­zu­schöp­fen habe, um damit mög­lichst für einen Aus­gleich des eige­nen Haus­halts Sor­ge zu tragen.

Mit dem neu­en LFAG wur­den die Nivel­lie­rungs­sät­ze für die Grund­steu­ern und die Gewer­be­steu­er ab dem 01.01.2023 wie folgt festgesetzt:

  • Grund­steu­er A von bis­her 300 % auf 345 % (Erhö­hung um 45 Basispunkte)
  • Grund­steu­er B von bis­her 365 % auf 465 % (Erhö­hung um 100 Basispunkte)
  • Gewer­be­steu­er von bis­her 365 % auf 380 % (Erhö­hung um 15 Basispunkte)

Das kom­men­de Gesetz und die dras­tisch erhöh­ten Nivel­lie­rungs­sät­ze sind aus kom­mu­na­ler Sicht durch­aus umstrit­ten. Die ange­wand­ten Ver­gleichs­maß­stä­be zu Kom­mu­nen in ande­ren Bun­des­län­dern erschei­nen teils zwei­fel­haft, zudem wird kri­ti­siert, dass zu wenig Lan­des­mit­tel in den Ver­teil­topf kom­men. Außer­dem wer­den nach bis­he­ri­gen Pro­be­be­rech­nun­gen die Krei­se und kreis­frei­en Städ­te im Ergeb­nis begünstigt.

Die­se Erhö­hung kommt in Zei­ten mit ohne­hin hohen Belas­tun­gen äußerst unge­le­gen, aber die Kom­mu­nen haben de fac­to kei­ne ande­re Wahl, als die neu­en Nivel­lie­rungs­sät­ze anzuhalten!

Die Nivel­lie­rungs­sät­ze des Lan­des sind Grund­la­ge bei der Ermitt­lung der Steu­er­kraft der Kom­mu­nen. Das Steu­er­auf­kom­men der Gemein­de wird auf das Niveau die­ser neu­en Nivel­lie­rungs­sät­ze ange­ho­ben. Anhand die­ses Steu­er­auf­kom­mens wird u.a. die Zahl­last der Ver­bands­ge­mein­de­um­la­ge und Kreis­um­la­ge ermit­telt. Dies bedeu­tet, dass (unab­hän­gig davon, wel­che Hebe­sät­ze die Gemein­de beschlos­sen hat) zur Berech­nung der Steu­er­kraft ab 2023 die Nivel­lie­rungs­sät­ze nach dem neu­en LFAG ange­wandt werden.

Lie­gen die Steu­er­sät­ze der Gemein­de unter­halb der Nivel­lie­rungs­sät­ze des Lan­des, so führt dies zu einem finan­zi­el­len Nach­teil für die Kom­mu­ne, da sie von einer fik­tiv erhöh­ten Steu­er­kraft Umla­gen zah­len muss, die sie über­haupt nicht ver­ein­nahmt hat. Dies wider­spricht dem Grund­satz der Wirt­schaft­lich­keit und Sparsamkeit.

Fer­ner ist die Anpas­sung der Steu­er­sät­ze an die Nivel­lie­rungs­sät­ze auch dann unum­gäng­lich, wenn die Gemein­de För­de­run­gen (z. B. aus dem Inves­ti­ti­ons­stock oder dem Dorf­er­neue­rungs­pro­gramm) bean­tra­gen möch­te. Zu den För­der­tat­be­stän­den zählt u.a., dass die Gemein­de alle ihr oblie­gen­den Ein­nah­me­quel­len aus­schöpft (Grund­satz der Ein­nah­me­be­schaf­fung gem. § 94 GemO).

Hin­zu kommt, dass die Kom­mu­nal­auf­sicht lt. Mit­tei­lung vom 18.05.2022 vom Minis­te­ri­um des Innern und für Sport sowie der ADD dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de, bei der zukünf­ti­gen Geneh­mi­gung von Kre­dit­auf­nah­men nach § 103 Abs. 2 GemO beson­ders dar­auf zu ach­ten, in wel­chem Umfang die Gemein­den ihre Ein­nah­men bspw. aus der Grund- und Gewer­be­steu­er erhö­hen, um wei­ter­hin über eine freie Finanz­spit­ze zu ver­fü­gen, um somit nicht ihre dau­ern­de Leis­tungs­fä­hig­keit zu gefährden.

Die jewei­li­gen Ver­wal­tun­gen sehen sich daher gehal­ten, den Städ­ten und Orts­ge­mein­den vor­zu­schla­gen, die Hebe­sät­ze (min­des­tens) auf das Niveau der neu­en Nivel­lie­rungs­sät­ze anzu­he­ben, damit für die Kom­mu­nen kei­ne finan­zi­el­len Nach­tei­le entstehen.

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04.01.2021Erster Öffnungstag