Inhaltsverzeichnis
Die Alte Stromburg auf dem Pfarrköpfchen wurde in den Jahren 1984 bis 1988 vom Landesamt für Denkmalpflege ausgegraben, weil man die Mauerreste auf dem Pfarrköpfchen wegen der Mauerwerkstechnik für römerzeitlich hielt. Gefunden wurde jedoch die bis dahin unbekannte 3. Burg, die in Lehensurkunden der Pfalzgrafen Ruprecht I. von 1353 und im Lehenverzeichnis des Pfalzgrafen Rupprecht III. von 1401 als “Alte Burg zu Stromberg” bezeichnete wird.
Anhand der Funde und des Befundes der Grabung kann zumindest die Hauptburg, die aus einem einzigen großen Gebäude besteht, mit den Bertholden von Stromburg in Zusammenhang gebracht werden, die in Urkunden von 1056 und 1090 erscheinen. Spätestens zu Beginn des 13.Jahrhunderts ist die Burg dann zugunsten der strategisch günstiger gelegenen Stromburg auf dem Schlossberg aufgelassen und fast gänzlich abgetragen worden.
Ein im 19. Jahrhundert betriebener Kalksteinbruch hat den Bestand der Burg noch um ca. ein Drittel reduziert.
Die Hauptburg vom Bautyp “Festes Haus” mit bis zu 2,5 Meter starken Mauern und zur Angriffsseite mit doppelter integrierter Spitze ausgestattet, ist zusammen mit der bautechnisch bedeutenden Kapelle, die vom Typ her als “Vierstützen-Doppelkapelle” gedeutet werden kann, einzigartig für den Burgenbau des 11. und 12. Jahrhunderts.
- Vorgängerburg der Stromburg auf dem Schlossberg -
Die erste schriftliche Erwähnung der Alten Stromburg stammt aus dem Jahr 1056. Es wird innerhalb einer Zeugenliste u. a. ein “Bertolfo scilicet comite de Strumburg” aufgeführt. Die Bertolde von Stromberg scheinen sowohl mit den Nahegaugrafen, dem Geschlecht der Emichonen, als auch mit den Grafen des Mosel- und Trechirgaus, den Bertolden, verwandt gewesen zu sein.
Die mittelalterliche Burganlage wurde auf einem Bergsporn errichtet, dessen Gelände zu drei Seiten hin steil abfällt. Nur in östlicher Richtung steigt das Gelände deutlich an. Das älteste Gebäude befindet sich auf der Kuppe des Bergsporns. Alle Mauerzüge stammen aus einer Bauphase. Lediglich die versetzt angebrachte zusätzliche Spitze ist jüngeren Datums. Die Auswertung der Keramik ergab eine Nutzung des Kernbaus von der Mitte des 11. Jahrhunderts bis um 1200. Während der Grabung wurden drei Denare aus dem zweiten Viertel des 11.Jahrhunderts geborgen. Die erste schriftliche Erwähnung der Grafen von Stromburg 1056 scheint etwa mit dem Bau der Burg zusammenzufallen.
Bei der Gestalt des Kernhauses handelt es sich um den Bautyp des sogenannten “Festen Hauses”. In einer Urkunde von 1116 beschreibt Heinrich v: gegenüber den Bischöfen und Bürgern der Stadt Mainz, dass seine Burg Stromburg von Erzbischof Adalbert von Mainz vollständig zerstört worden sei: “Castrum nostrum Struomburc funditus destruxit”.
Der zweite bedeutende Bau der Anlage ist die Burgkapelle. Mit den vier Säulen im Innern kann sie in der Tradition der Vierstützen-Doppelkapellen gesehen werden. Die Stützen könnten aber auch als Auflage für eine U‑förmige Empore gedient haben. Hervorzuheben ist neben der Form der Kapelle insbesondere der prachtvoll gestaltete Fußboden. Eine Entstehung in der Mitte des 12. Jahrhunderts erscheint daher wahrscheinlich. Zeitgleich mit der Kapelle wurde südlich an den Kernbau der untere Burgbereich angesetzt.
Die Anlage auf dem Pfarrköpfchen lag topografisch und strategisch ungünstig. Diesen offensichtlichen Schwachpunkt versuchte man zunächst durch die diversen Spitzen auszugleichen: Auch wurde das zur Verfügung stehende Gelände bald zu klein. Für die Kernanlage des 11. Jahrhunderts reichte der Platz offensichtlich aus, bereits bei der Erweiterung im 12. Jahrhundert musste man aber auf einen tiefer gelegenen Bereich ausweichen. Spätestens nach dieser Ausbauphase bestand keine Möglichkeit mehr, die Burg auszuweiten.
Als Nachfolgebau ist die heutige Stromburg auf dem gegenübergelegenen Schlossberg anzusehen. Am wahrscheinlichsten erscheint deren Erbauung gegen Ende des 12. Jahrhunderts oder im 13. Jahrhundert.
Nach der Auswertung der Keramik wurde die Alte Stromburg auf dem Pfarrköpfchen um 1200 oder spätestens Anfang des 13. Jahrhunderts aufgegeben. Für den Nachfolgebau auf dem Schlossberg wäre dann eine Bautätigkeit beispielsweise ab 1195 denkbar, als der Welfe Heinrich nach dem Tod Konrads von Staufen mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein belehnt wurde, oder auch nach 1214, als sie an die Wittelsbacher überging.
(Auszug aus: Antje Pöschl, “Castrum nostrum Struomburc funditus destruxit”?, die archäologischen und bauhistorischen Untersuchungen der Stromberger Burg auf dem Pfarrköpfchen im Hunsrück)
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Die “Herren” der Alten Stromburg im Laufe der Zeit
Die Herren “von Stromburg” und die salierzeitliche Stellung der Alten Stromburg
In einer kaiserlichen Urkunde aus dem Jahr 1056 und in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Ruthard im Jahr 1090, ist ein Graf Bertold “von Stromburg” als Zeuge benannt. In derselben Urkunde von 1090 erscheint auch ein Wolfram als Vogt mit dem Zusatz “von Stromburg”.
Sie bestätigen die Existenz der Stromburg als Reichsburg für die Zeit der “salischen” Könige und Kaiser (1024–1126).
Zu den Anfängen der Alten Stromburg auf dem Pfarrköpfchen heißt es bei A. Pöschl (s. Literatur –> Quellen): “Drei während der archäologischen Ausgrabungen der 80iger Jahre gefundene Denare aus dem zweiten Viertel des 11. Jahrhunderts legen – unter großen Vorbehalten – nahe, dass die Burganlage auf dem Pfarrköpfchen zusammen oder nur wenige Jahrzehnte vor dieser ersten Nennung von 1056 gegründet wurde, und somit als die “Stromburg” gelten kann, die in den Urkunden dieser Zeit vorkommt”.
Erste urkundliche Erwähnung 1056
Bei der ersten schriftlichen Erwähnung handelt sich um eine verschollene Urkunde des Kaiser Heinrich III. (28.10.1017 – 05.10.1056) vom 31. Mai oder 30. Juni 1056, die in mehreren teilweise abweichenden Fassungen (Urkundenfälschungen) überliefert worden ist. Die Angaben – soweit sie die Stromburg betreffen – gelten jedoch in der Forschung als überwiegend gesichert.
Zwei befinden sich in der Bibliotheque Nationale Paris, eine im Staatsarchiv Koblenz und ein Exemplar möglicherweise in Heidelberg.
In diesem “Urkundenkomplex” geht es um eine kaiserliche Verfügung, in dem er die Rechte des Vogts des Klosters St. Maximin in Trier neu regelt. Dabei erscheint in den verschiedenen Versionen ein Graf “Bertolfo scilicet comite de Strumburg” oder “Berhdolfi de Struomburg comitum” in der Zeugenliste und auch als kaiserlicher Gesandter, vor dem die Mitglieder der Abtei eidliche Auskunft über die früheren Rechte des Vogts geben mussten.
Die Bertolde
Die “Bertolde“von Stromburg stammen aus der Familie der Bertolde oder Beceline / Bezeline” (= italienischer Kosename für Berthold), genannt nach dem Leitnamen Bertold des jeweils ersten männlichen Nachkommen. Die Bertolde waren alle treue Anhänger und engste Vertraute sowohl der ottonischen (919‑1024) wie auch der ihnen folgenden salischen Kaiser (1024–1125) und erscheinen erstmals in einer Urkunde des Kaisers Otto III. von 972. Sie waren hauptsächlich Gaugrafen in dem benachbarten Maifeldgau und Trechir- oder Trachgau. Die Gaue waren mittelalterliche Verwaltungsbezirke und gehörten zum Herzogtum Lothringen Der Trachgau umfasste das Gebiet ungefähr im Dreieck zwischen Enkirch / Mosel, Koblenz und Oberwesel, mit dem Hauptort “Trihis” Treis-Karden, das Maifeld das Gebiet um Mayen bis zu Mosel. Der letze Bertold im Trechirgau, Bertold vor Treis, starb 1120 kinderlos.
Verwandtschaftliche Beziehungen der Bertolde und die Emichonen
Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Bertholde “von Stromberg” untereinander (1056 / 1090) und mit denen des Trechirgaus – insbesondere zu Bertold von Treis – lassen sich nicht endgültig klären, doch kann man aus den Urkunden von 1056, 1072 und 1090 folgende verwandtschaftliche Beziehung entnehmen:
In der Mainzer Urkunde von 1090, erscheint ein Graf Bertold von Stromburg zusammen mit seinem Sohn – ebenfalls Bertold genannt – und seinem Bruder Graf Emich in der Zeugenliste. In ihr schenkt der Mainzer Erzbischof Ruthard dem Kloster St. Alban mehrere Besitzungen.
Die Brüder lassen sich als die Neffen des Trechirgaugrafen Berthold identifizieren, der 1072 die Eigenkapelle zu Ravengiersburg aus der Mutterkirche ausgliedern lässt, und 1074 das Kloster Ravengiersburg gründete. Aus der Urkunde von 1072 geht hervor, dass seine Schwester Kunigunde mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenem Nahegaugraf Emich verheiratet war, da sie als Witwe bezeichnet wird.
Die sogenannten “Emichonen” sind seit 960 als Nahegaugrafen nachweisbar, bis sich der letzte Nahegaugraf Emich, es ist derjenige aus der Urkunde von 1090, nur noch Graf von Flonheim (1098) und später von Schmidtburg (1107) nennt. Er gilt als Stammvater der späteren Wild‑, Rhein‑, Rau- und Grafen von Veldenz und muss um 1108 verstorben sein.
Er erhält nach dem Ableben seines kinderlos gebliebenen Onkels um 1080 dessen Erbe – insbesondere die Vogtei über Kloster Ravengiersburg. Sein Bruder Berthold aber muss von Kaiser Heinrich IV. als Graf für den Bereich der Stromburg eingesetzt worden sein, da er sich 1090 nach ihr benennt. Unter Vorbehalten kann man davon ausgehen, dass er dieses Amt durch seinen Onkel vom Kaiser erhalten hat, dass also der Trechirgaugraf und Klostergründer Bertold zuvor auch Graf über die Stromburg war. Ob er der Berthold war, der sich in der Urkunde von 1056 “von Stromburg” nennt, oder sein Vater, wie J. Wagner (siehe Quellen) es darstellt, ist mangels Informationen aus dieser Zeit nicht zu klären.
Die obersten Herren der Alten Stromburg
Die Stromburg scheint aber für ihre obersten Dienstherren, den salischen Kaisern, nach wie vor von einiger Bedeutung gewesen zu sein, wie die Ereignisse der Jahre 1116/1120 zeigen, in der sie sogar Gegenstand der deutschen Reichsgeschichte wird. Als “Castrum nostrum Strumburg” (= Unsere Burg) bezeichnet Kaiser Heinrich V. die Stromburg in einem Brief an den Mainzer Klerus (siehe Urkunde 1116).
1156 endet die Reichsunmittelbarkeit der Stromburg mit der Übertragung der Pfalzgrafschaft am Rhein (die auch aus Gebieten des Trechir– und Nahegaues hervorgegangen ist) an Konrad von Hohenstaufen durch seinen Halbbruder Kaiser Friedrich Barbarossa. Oberste Herren sind fortan die Pfalzgrafen am Rhein.
Nach A. Pöschl (s. Quellen) hat Pfalzgraf Konrad (ca. 1134/36–1195) die Alte Stromburg bis zur endgültigen Größe ausgebaut. Vielleicht war er es aber auch bereits, der die “Burgenverlagerung” der Stromburg von Pfarrköpfchen (Alte Stromburg) zum gegenüberliegenden Schloßberg (Stromburg) veranlasst hat.
Die Alte Stromburg auf dem Pfarrköpfchen ist nach den Erkenntnissen der archäologischen Ausgrabung Ende des 12. bzw. Anfang des 13. Jahrhunderts aufgegeben und als Steinbruch bis auf die Grundmauern abgetragen worden.
Urkunden
Urkunde von 1056 “Bertolfo comite de Strumburg“ (Graf von Stromburg)
Erzbischof Siegfried I. von Mainz bestätigt in einer Urkunde vom 05. Mai 1072 die Befreiung der Eigenkapelle des Grafen Bertholdus und seiner Ehefrau Hedewiga in Ravengiersburg aus dem Verbande der Mutterkirche
“…amicus et familiaris noster comes Bertholdus cum fideli coniuge sua Hedevviga consanguinea nostra cappelam suam in loco, qui dicitur Rebengeresburc intra terminus alterius ecclesie matris scilicet statutam ..”
“…Cunigunde cometisse comitis Emmechonis vidue suisqe coheredibus Arnolfo et Bertrammo …”
“Hec sunt nomina testium: Zeizzolfus comes. Emmicho comes et frater suus Bertholdus. Ludevvigus comes. Bertholdus comes. Arnoldus et frater suus Beretram.”
Quellen:
Manfred Stimmig, Mainzer Urkundenbuch (Erster Band) Nr. 333 Seite 228
Heinrich Baldes, Die Salier und ihre Untergrafen in den Gauen des Mittelrheins Seiten 49–53
Erzbischof Siegfried I von Mainz beurkundet hier die Abtrennung der Eigenkapelle des Grafen Bertholdus und seiner Gemahlin Hedwig in Ravengiersburg aus dem Verband der Mutterkirche. Die Mutterkirche wurde vom dem Grafenpaar dafür mit 2 ¾ Hufen entschädigt.
Dann habe der Erzbischof Udo von Trier mit Zustimmung von Gräfin Kunigunde, der Witwe des Nahegaugrafen Emmecho, und deren Miterben Arnolf und Bertram die Kapelle eingeweiht.
Zeugen sind Graf Zeizzolfus, die Grafen Emmicho und sein Bruder Bertholdus, die Grafen Ludevvigus und Bertholdus sowie die Brüder Arnold und Bertram.
Laut Heinrich Baldes ergibt sich daraus folgender Hintergrund:
Bei der Eigenkapelle zu Ravengiersburg handelt es sich um Erbgut des Grafenpaares.
Da Kunigunde, als Witwe des verstorbenen Nahegaugrafen Emicho IV benannt, am Besitz des Grafen Bertold erbbeteiligt ist, kommt er zu dem Schluss, dass Kunigunde eine Angehörige des Bertholdschen Hauses sein muss und zwar in diesem Falle eine Schwester des Stifters Bertold. Denn dieser hatte keine Kinder.
Es ergibt sich laut Heinrich Baldes daraus folgendes Verwandtschaftsverhältnis:
Emicho der IV heiratete Kunigunde, die Schwester des Grafen Bertold, der 1074 das Kloster Ravengiersburg gründete.
Vor 1072 noch starb Emicho IV und hinterließ seine Gemahlin Kunigunde mit zwei Söhnen, Emicho V und Bertold. Emicho V erscheint dann in der Urkunde von 1074 (Gründung des Chorherrenstiftes Ravengiersburg) als Nahegaugraf, da die Güter aus dieser Urkunde teils in Grafschaft Emichios und teils in der des Grafen Bertold (Onkel der beiden Neffen) liegen.
Erzbischof Siegfried I. von Mainz beurkundet 1074 die Gründung und Dotierung des Chorherrenstifts Ravengiersburg durch den Grafen Bertold und seine Gemahlin Hedwig
“…amicus et familiaris noster comes Bertholdus cum fideli coniuge sua Hedevviga consanguinea nostra cappelam suam in loco, qui dicitur Rebengeresburc intra terminus alterius ecclesie matris scilicet statutam ..”
“Notum esse cupimus cunctis Christi fidelibus tam futuris quam presentibus, qualiter Bertholdus comes et uxor eius consanguinea nostra Hadewic contempta seculari divitiarum affluentia postposita heredum …”
“… quorum quedam in comitatu eiusdem Bertoldi comitis, quedam in comitatu Emichonis comitis sita erant, ….”
Quellen:
Manfred Stimmig, Mainzer Urkundenbuch (Erster Band) Nr. 341 Seite 236–238
Heinrich Baldes, Die Salier und ihre Untergrafen in den Gauen des Mittelrheins
Seiten 83–91
Erzbischof Siegfried I. von Mainz beurkundet die Gründung und Dotierung des Chorherrenstifts Ravengiersburg durch den Grafen Bertold und seine Gemahlin Hedwig. Die Güter mit denen der Chorherrenstift ausgestattet wird liegen teils in der Grafschaft Emichios (Emicho V) und teils in der des Grafen Bertold (Stifter).
Bertold übergibt den Chorherrenstift an den Mainzer Erzbischof und wird von diesem als Vogt des Stifts eingesetzt.
Laut Heinrich Baldes ergibt sich daraus folgender Hintergrund:
1075 kommt dieser kinderlose Bertold (siehe Urkunde von 1072: Bruder der Nahegaugräfin Kunigunde und Onkel der beiden Neffen Emicho V und Bertold) zum letzten Mal in einer Urkunde als Graf des Trechirgaus vor, und scheint bald darauf gestorben zu sein, da er in einer Urkunde von 1081, in welcher es um eine Schenkung an das Kloster Ravengiersburg geht, nicht mehr als Zeuge und Vogt erscheint.
Erzbischof Siegfried I. von Mainz beurkundet 1074 die Gründung und Dotierung des Chorherrenstifts Ravengiersburg durch den Grafen Bertold und seine Gemahlin Hedwig
“…amicus et familiaris noster comes Bertholdus cum fideli coniuge sua Hedevviga consanguinea nostra cappelam suam in loco, qui dicitur Rebengeresburc intra terminus alterius ecclesie matris scilicet statutam ..”
“Notum esse cupimus cunctis Christi fidelibus tam futuris quam presentibus, qualiter Bertholdus comes et uxor eius consanguinea nostra Hadewic contempta seculari divitiarum affluentia postposita heredum …”
“… quorum quedam in comitatu eiusdem Bertoldi comitis, quedam in comitatu Emichonis comitis sita erant, ….”
Quellen:
Manfred Stimmig, Mainzer Urkundenbuch (Erster Band) Nr. 341 Seite 236–238
Heinrich Baldes, Die Salier und ihre Untergrafen in den Gauen des Mittelrheins
Seiten 83–91
Erzbischof Siegfried I. von Mainz beurkundet die Gründung und Dotierung des Chorherrenstifts Ravengiersburg durch den Grafen Bertold und seine Gemahlin Hedwig. Die Güter mit denen der Chorherrenstift ausgestattet wird liegen teils in der Grafschaft Emichios (Emicho V) und teils in der des Grafen Bertold (Stifter).
Bertold übergibt den Chorherrenstift an den Mainzer Erzbischof und wird von diesem als Vogt des Stifts eingesetzt.
Laut Heinrich Baldes ergibt sich daraus folgender Hintergrund:
1075 kommt dieser kinderlose Bertold (siehe Urkunde von 1072: Bruder der Nahegaugräfin Kunigunde und Onkel der beiden Neffen Emicho V und Bertold) zum letzten Mal in einer Urkunde als Graf des Trechirgaus vor, und scheint bald darauf gestorben zu sein, da er in einer Urkunde von 1081, in welcher es um eine Schenkung an das Kloster Ravengiersburg geht, nicht mehr als Zeuge und Vogt erscheint.
Erzbischof Ruthard von Mainz übergibt in einer Urkunde 1090 dem Kloster St. Alban die verfallene Kirche zu Höchst mit der Bestimmung daselbst ein Mönchskloster zu gründen
“…et cum omni iure, aquis, pascuis, exitibus et reditibus per manum advocati Wolfframmi de Strumburc, eo videlicet pacto ut supradictus abbas destructa …
“Hi sunt testes …. Bertholfus comes de Stromburc et filius eius Bertholfus.”
Quellen:
Manfred Stimmig, Mainzer Urkundenbuch (Erster Band) Nr. 374 Seiten 272–274
Zeugen sind unter anderen Graf Bertholfus von Stromburg und sein gleichnamiger Sohn Bertholfus.
Dies ist die zweite Urkunde (die erste von 1056) in der ein Graf Bertholfus sich von Stromburg nennt. Es gibt auch einen gleichnamigen Sohn.
Beim Grafen Bertholdus von Stromburg handelt es sich um den Bruder des Nahegaugrafen Emicho V., welche beide als Zeugen in der Urkunde von 1074 genannt sind.
Auch ist ein „Vogt“ (advocati = römischer Beamter) Wolfframmi de Strumburc in der Urkunde benannt. Über dessen Verwandtschaftsverhältnis ist aber nichts weiter bekannt.
Protestschreiben Kaiser Heinrich V. (1106–1126) an den Mainzer Klerus aus dem Jahr 1116 – Zerstörung der Stromburg
In einem Brief an die Mainzer schreibt Kaiser Heinrich V. im Dezember des Jahres 1116:
“Sed frustrato deo gratias labore rediens congregatis quos potuit, castrom nostrum Struomburc funditus destruxit. Deinde alia castra nostra contumaciter obsedit”
Quellen:
Jaffé, Philipp, Monumenta Bambergensia, Codes Udalrich Nr. 177, Seite 311
Manfred Stimmig, Mainzer Urkundenbuch (Erster Band) Nr. 467 Seiten 374–376
Kaiser Heinrich beschwert sich in diesem Brief an die Mainzer Bevölkerung und den Mainzer Klerus über die Überfälle ihres Erzbischofs Adalbert I. auf kaiserliche und kaisertreue Besitzungen, so auch auf die Stromburg, die von diesem (wahrscheinlich an Ostern) 1116 “funditus” – von Grund auf – zerstört worden ist.
Der Hintergrund:
Schon unter Kaiser Heinrich IV (1050 – 1106) schwelte der sogenannte Investiturstreit (1076 – 1122) zwischen Kaiser und Papst über das Einsetzten “investieren” von Geistlichen, wie Bischöfe oder Äbte. Kaiser Heinrich V. ernannte nach der Machtübernahme 1106 seinen engen Vertrauten und Parteigänger gegen seinen Vater Heinrich IV. Adalbert von Saarbrücken zum Reichskanzler. Da aber damals dem Erzbischof von Mainz dieses Amt grundsätzlich übertragen war, musste auch Adalbert vom Kaiser “investiert” werden, was erst nach dem Tod des Mainzer Erzbischofs Ruthard 1109 geschehen konnte.
Wohl eher wegen der erfolglosen Forderung nach der Burg Trifels als aus Überzeugung, wandelte sich Adalbert von einem Freund zu einem erbitterten Feind Kaiser Heinrich V., der ihn auch daraufhin gefangen nahm, aber wegen eines Aufstandes der Mainzer Bevölkerung 1115 wieder freilassen musste. Der hasserfüllte Adalbert nutzte fortan jede Gelegenheit Kaiser Heinrich V. zu schaden, und führte Krieg gegen diesen, belagerte z. B. das kaisertreue Speyer und die Abtei Limburg
Bedeutung für die Stromburg:
Für die Stromburg kann dieses eigentlich negative Ereignis nicht hoch genug bewertet werden, ist sie doch für einen Moment Teil der Deutschen Reichsgeschichte und tritt auch namentlich in direkter Verbindung mit den damals handelnden Mächtigsten des Reiches.
Für den Überfall auf die Stromburg dürfte die räumliche Nähe zum Mainzer Territorium als auch die Gelegenheit ausschlaggebend gewesen sein, da Kaiser Heinrich V. sich 1116 in Italien aufhielt. Dass er sie als “castrum nostrum” = unsere Festung bezeichnet hat wohl eher rhetorische Gründe. Trotzdem muss die Stromburg für die damals regierenden Kaiser schon eine gewisse Bedeutung gehabt haben, sonst hätte man ihre Zerstörung bei der Vielzahl an Reichsburgen in der näheren Umgebung nicht in Erwägung gezogen.
Zerstörung der Stromburg?
Den Zerstörungsumfang bezeichnet Kaiser Heinrich V. mit “Funditus” – bis zu den Grund- mauern. Die Ausgrabungen der archäologischen Denkmalpflege konnte allerdings eine gewaltsame Zerstörung der Stromburg auf dem Pfarrköpfchen nicht nachweisen. Sie wurde Ende des 12. / Anfang des 13. nach der Auflassung systematisch abgetragen.
Es stimmt sicherlich, dass es ein Angriff gegeben hat, der aber anscheinend nur geringen Schaden anrichtete oder sogar nur symbolisch war. Bei dem Schreiben handelt es sich vielmehr um eine Propagandaschreiben des Kaisers um die Mainzer von den Verfehlungen ihres Erzbischofs zu überzeugen und sich gegen ihn zu erheben.
Erblehen durch Pfalzgraf bei Rhein Ruprecht I. (1353)
Die Burgmannen Ritter Werner von Schönberg und Edelknecht Heinrich von Steger wurden 1353 von Pfalzgraf Ruprecht I. mit einem Haus unter der Stromburg belehnt, wofür diese zu deren Verteidigung verpflichtet wurden.
Am gleichen Tag belehnte der Pfalzgraf diese auch noch mit Wäldern, Wiesen und Äckern unterhalb der “alten Burg” zu Stromberg.
Quelle:
Joachim Spiegel
Urkundenwesen, Kanzlei, Rat und Regierungssystem Ruprechts I. (1309–1390)
Seite 459–460 Die Burgmänner auf Stromberg (1353)
Diese Belehnung im Jahre 1353 ist der aktuell älteste Beleg, in welchem unmittelbar auf die Burg auf dem Pfarrköpfchen, der Alten Stromburg, Bezug genommen wird, und zumindest die ehemalige Existenz einer Burganlage belegt.
In einer weiteren Lehnsurkunde aus dem Jahre 1401 von Pfalzgraf Ruprecht III. wird ein weiteres Mal auf die Burganlage auf dem Pfarrköpfchen “Alte Stromburg” Bezug genommen.
(siehe Urkunde von 1401)
Im Laufe der Jahrhunderte ist in der Stromberger Bevölkerung die Kenntnis um eine mittelalterliche Burganlage auf dem Pfarrköpfchen verloren gegangen, nicht aber die Kenntnis um Mauerwerk, welches man bis zuletzt als für römerzeitlich hielt. Erst die deswegen veranlassten archäologische Ausgrabung von 1984–1988 und deren Ergebnisse brachten die Anlage auf dem Pfarrköpfchen wieder zurück in die Stromberger Geschichte des Mittelalters als “dritte” Stromberger Burg (Alte Stromburg, Stromburg, Burg Gollenfels).
Die damit verbundene Konkurrenzsituation mit der Stromburg auf dem gegenüberliegenden Schloßberg bleibt wegen dort fehlender archäologischer Ausgrabungen ungeklärt. Doch lässt sich keine Bauform der heutigen Stromburg sicher in das 12. Jahrhundert verweisen.
Deshalb kann die Burg auf dem Pfarrköpfchen für einen archäologisch bestimmbaren Zeitraum von ca. der Mitte des 11. Jahrhunderts bis zur Aufgabe Ende des 12. bzw. Anfang des 13. Jahrhunderts als die “Stromburg” gelten.
Ältestes Lehensbuch des Pfalzgrafen bei Rhein Ruprecht III. (1352–1410) von 1401
Im Lehensbuch des Pfalzgrafen bei Rhein steht u. a. unter Nr.110 folgende Eintragung:
“Item Friedrich von Schonenburg, ritter, der alte, hat empfangen .…
Item das cleyn burgelin halb zu Stromberg under myns Herrn, des hertzogen, burg daselbs.
Item daz gut, daz etwann waz Clas von Leymerßheim, eckere, wiesen, wingarten und
busche, daz gelegen ist ußen an dem dale zu Stromburg, daz man nennet die Alten Burg”
Der Ritter Friedrich von Schonenburg, der ältere, hatte demnach drei Lehen in der Gemarkung Stromberg vom Pfalzgrafen bei Rhein erhalten:
- Die Stromburg
= Des Pfalzgrafen (Herzogen) Burg auf dem Schloßberg in Stromberg
- Das kleine “burgelin” halb zu Stromburg
= Hier handelt es sich wohl um die Burgturmruine im Seibersbachtal nahe der
Ortschaft Dörrebach, die vom Volksmund auch Burg Suitbertstein genannt wird.
- Ein Gut (Gebiet) aus Äckern, Wiesen Weingärten und Büsche, welches zuvor dem Clas von Leymeßheim gehört hatte und in Stromberg (Tal zu Stromburg = in der Gemarkung) bei der “Alten Burg” lag.
= Noch heute heißt dieses Gebiet nach Friedrich von Schonenburg “Friedrichs´ Heck”
und bezeichnet den Bergstock nördlich des Pfarrköpfchens auf dem die Alte
Stromburg errichtet wurde.
Das Lehensverzeichnis Rupprecht III. ist die zweite Urkunde, in der unmittelbar auf die Burg auf dem Pfarrköpfchen Bezug genommen wird, und zumindest die ehemalige Existenz einer Burganlage belegt. Es spielt dabei keine Rolle, dass diese Burg nur noch für die Lokalisierung eines bestimmtes Gebietes, hier der “Friedrichs´ Heck”, dient.
Die erste Lehensbeurkundung, in der die “alte Burg” erwähnt ist, stammt 1353 von Pfalzgraf Ruprecht I. (siehe Urkunde 1353).
Quellen
Quellennachweise zum Thema „Burg“
Kerstin Merkel
Die Burgkapelle zu Stromberg
Mainzer Zeitschrift Jahrgang 81, 1986, 201–209
Antje Pöschl
Die Burg auf dem Pfarrköpfchen bei Stromberg im Hunsrück
-Aspekte der Bauforschung an einer Burgkapelle-
in: Böhme, Horst W. (Hrsg.), Burgenforschung in Hessen, Marburg 1996
(Kleine Schriften aus dem Vorgeschichtlichen Seminar Marburg. 46), 79–84
Antje Pöschl
„Castrum nostrum Stromburc fundituis destruxit“?
Die archäologischen und bauhistorischen Untersuchungen der Stromberger Burg auf dem Pfarrköpfchen im Hunsrück
Kleine Schriften aus dem Vorgeschichtlichen Seminar Marburg, Heft 54 – Burgen als Geschichtsquelle, 25–40
Quellennachweis zum Thema: „Vierstützen-Doppelkapelle“
Dagobert J. Susewind
Die Burgkapelle auf dem Pfarrköpfchen
in: Burgen und Schlösser, 29. Jahrgang, Heft 1988/II, 109–114
Ulrich Stevens
Burgkapellen, Andacht, Repräsentation und Wehrhaftigkeit im Mittelalter
Zeichen der Repräsentation: mehrgeschossige Kapellen – Doppelkapellen, 73–108, zur Burgkapelle der Alten Stromburg, insbesondere 88–91
Quellennachweis zum Thema: Bautyp „Festes Haus“
Dieter Barz
Das „Feste Haus“ – ein früher Bautyp der Adelsburg
in: Burgen und Schlösser, 34. Jahrgang, Heft 1993/I
Dieter Barz / Joachim Zeune
Das „Feste Haus“
Quellennachweis zum Thema: “Urkunden“
Philippus Jaffé
MONUMENTA BAMBERGENSIA
Seite 311 Urkunde von 1116 Salierkaiser Heinrich V
Manfred Stimmig
Mainzer Urkundenbuch (Erster Band)
Die Urkunden bis zum Tode Erzbischof Adalbert I. (1137)
Urkunden Nr. 333 (1072), 341 (1074), 374 (1090), 467 (1116)
Joachim Spiegel
Urkundenwesen, Kanzlei, Rat und Regierungssystem
Ruprechts I. (1309–1390)
Seite 459–460 Die Burgmänner auf Stromberg (1353)
Quellennachweis zum Thema: “Stromberger Geschichte”
Robert Schmitt
Stromberg, die Stadt am Soonwald
Stromberger Chronik von 1971
Winfried Dotzauer
Geschichte des Nahe-Hunsrück-Raumes von den Anfängen bis zur Französischen Revolution
2001
Johann Jakob Wagner
Urkundliche Geschichte der Ortschaften, Klöster und Burgen des Kreises Kreuznach
Koblenz Ehrenbreistein 1909
Heinrich Baldes
Die Salier und ihre Untergrafen in den Gauen des Mittelrheines, 1913
Antje Pöschlsiehe
unter “Burg”